Le Centre pour la concurrence fiscale recherche les effets d'une concurrence fiscale dynamique et d'une protection efficace de la sphère privée financière sur la liberté individuelle et la propriété.

Hinter dem Verbot von Barzahlungen steht der Überwachungsstaat

Die Überschuldung westlicher Staaten dreht heute den Kontrollwahn immer weiter. Ohne Bargeld sind Bürger manipulierbare Untertanen, auch in Demokratien.

Der dümmste römische Kaiser in Wirtschaftsfragen war Maximinus Thrax. Sein Leben, sein Wirken und sein Tod seien uns eine Lehre. Als erster der Soldatenkaiser führte er in den Jahren 235 bis 238 unablässig Kriege, brauchte Geld, prägte davon immer mehr und immer schlechteres, bis es wertlos war. Um zu Substanz zu kommen, verbot Maximinus, die Steuern in Geld zu zahlen, sondern verlangte Gold, Silber oder Naturalien. Der Staat verstiess sein eigenes Geld.

Der heutige Kaiser des Westens, Barack Obama, verbietet den Gebrauch der staatlichen Geldzeichen für Transaktionen über 600 Dollar. Mehrere halbbankrotte Provinzgouverneure Europas verbieten Barzahlungen über 1000 Euro ihrer eigenen Noten und Münzen. Die Schatzmeisterin eines Hirtenvolkes in den Alpen will als Erstes mal Barzahlungen über 100 000 Franken bei Hauskäufen verbieten.

Wenn man diese historischen Kostüme wegzieht, bleibt nur eines - der ehemals freie Westen geht über in eine Sklavengesellschaft, deren Mitgliedern von oben gesagt wird, was Wert hat und was nicht, was und wie getauscht werden darf. Geld wäre das allgemeine Dritte, Geld ist die vom Bürger beliebig herumzutragende Abbildung aller Werte, der gegenwärtigen, der künftigen. Noch ist zwar das Geld an sich nicht verboten, nur schon unendlich vermehrt, aber die vom Staat dafür ausgegebenen materiellen Zeichen, die Noten und Münzen, sind geächtet. Geld für mehr als ein Fahrrad wird nur noch elektronisch akzeptiert. Auch die Wertpapiere, Aktien, Obligationen und das Grundbuch sind nur noch Elektronenhäufchen, abstrakt von Technikern irgendwo verbucht, dem besitzenden Bürger nicht mehr zugänglich.

Die Folgen sind klar. Schon die allgemeine Begründung zeigt es offen - es gehe um den Kampf gegen Geldwäscherei oder Steuerhinterziehung. Also um die Kontrolle des Bürgers, und zwar in der neuen Variante, dass grössere Beträge grundsätzlich verdächtig und rechtfertigungsbedürftig sind. Kontrolle mit Umkehr der Beweislast. Dieser Kontrollpunkt zeigt sich auch in den EU-Regeln gegen mehr als 10 000 Euro beim Grenzübertritt - der Bürger muss sie von sich aus anzeigen.

Gleichzeitig kündigt sich in jenen Bestimmungen die zweite Folge an: auch Umwege und Auswege werden blockiert, denn auch Edelmetalle unterstehen der Selbstdenunziation. Der Bundesrat seinerseits hat Beträge über 10 000 Franken an der Grenze zwar noch nicht deklarationspflichtig, aber als rechtfertigungspflichtig bezeichnet, per blosser Verordnung (SR 631.052). Mit der Pflicht zur elektronischen Transaktion bekommen heute schon die US-Behörden alle Bewegungen über 10 000 Dollar gemeldet. Zudem weiss der Staat in den USA und der EU so, wer Gold hat. Das «Land of the free» sammelte schon 1934 das private Gold zwangsweise ein.

Die dritte Folge ist schwerwiegend - nach der verstörenden Finanzkrise 2008 kann der Bürger sich vor unsicheren Banken nicht mehr ins Bare flüchten, das bare Geld als Schatzbildung fällt weg. Dabei ist dies in unsicheren Zeiten die normalste Reaktion. Sogar der Chef des grössten Anlagefonds der Welt, Pimco, Mohamed El-Erian, rannte beim Lehman-Zusammenbruch 2008 ins Büro, befahl aber seiner Frau, unterdessen alles verfügbare Bargeld zu raffen. Tut man dies künftig, kann man es später aber nicht ausgeben, es ist dann nur bedrucktes Papier, rechtfertigungsbedürftig. Der Bürger ist an die Banken gekettet.

Die vierte Folge wird damit klar - das Vertrauen ins Geld schwindet dramatisch. Geld hat genau so viel Wert, wie die Bürger ihm zuschreiben. Andere Schatzbildungen bieten sich an - Gold, Juwelen, Kunstschätze, Immobilien und Äcker im Hinblick auf den allgemeinen Zusammenbruch. Sowie ein Gewehr, um die Ernte oder das vergrabene Gold zu verteidigen. Das Bild ist nicht zu dramatisch, weil das Ende des Vertrauens ins Geld auch das Ende der Zivilisation ist, wie wir sie kennen.

Als fünfte Folge kann der Staat mit leichter Hand die elektronischen Konten, Wertschriften oder Grundbücher besteuern und amputieren. Die Schergen des Maximinus mussten den Bürgern die Kuh und das Gold noch aus den Händen reissen. Nach der Inflation 1923 verhängte die Reichsregierung mit viel Schreibarbeit eine Zwangshypothek von 6 Prozent des Grundwerts auf alle Liegenschaften, die zu verzinsen und abzuzahlen waren. Das ginge heute per Tastendruck.

Und schliesslich sind elektronische Zwangszahlungen die Vorboten von Kapitalverkehrskontrollen. Manche sehen schon den Bann des Bargelds als ersten Schritt. Die Kontrolle und damit dann die Beschränkung von Überweisungen zwischen den Akteuren, den Staaten hebelt aber den freien Verkehr für Güter, Dienste und Personen aus, alles muss beantragt werden. Die Behörden beurteilen dann deren Sinn.

Zur Zeit der Hysterie um die Holocaustgelder erzählte ein alter Schweizer Bankier, dass schon damals Geldüberweisungen in und zwischen den Banken über die Fernmeldezentralen liefen. Hinter den Fräuleins am Ticker standen jedoch Geheimpolizisten des Nazireichs, die Flucht grösserer Beträge auf Schweizer Banken war gar nicht möglich. Kapitalverkehrskontrollen sind nämlich Völkergefängnisse, man kann sozusagen nur nackt oder durchleuchtet ausreisen.

Die Überschuldung westlicher Staaten und der neue Grundsatz, «Sicherheit vor Freiheit», etwa in Steuersachen, dreht heute den Kontrollwahn immer weiter. Ohne Bargeld aber sind Bürger manipulierbare Untertanen, auch in Demokratien. Ach ja, und Kaiser Maximinus endete schlimm, erstochen von den eigenen Soldaten.

Dieser Artikel wurde in der «NZZ am Sonntag» publiziert.

Februar 2013